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DNA – Diversität nutzen und annehmen 

Der Übergang von MINT-Studierenden mit unterschiedlichen Diversitätsmerkmalen in Beschäftigung.


Gefördert 2019 bis 2021 durch:

Innovation braucht Vielfalt. Doch wie tief ist das Bewusstsein für kulturelle Diversität bei MINT-Studierenden und -Beschäftigten in Deutschland verankert? Und wie werden soziale Grenzen durch ein gesteigertes Bewusstsein überwunden? 


Projektkoordination 

Dr. Edwin Semke IKOBE Institut für Kompetenz und Begabung gGmbH 

In Kooperation mit der Hochschule Osnabrück, Arbeitsgruppe Prof. Dr. Petia Genkova


Forschungsthema und Forschungsfrage 

Das Vorhaben untersuchte den Einfluss kultureller Diversität auf MINT- Studierende und -Beschäftigte. Dabei wurden drei Faktoren berücksichtigt: die kulturelle Diversität, die Durchlässigkeit der unsichtbaren Gruppengrenzen und die Bedrohung durch Stereotypisierung. Wie verändern sich diese drei Konstrukte durch den Übergang von Hochschule in Beschäftigung? Und welche Implikationen hat diese Veränderung?

 

Methodik und Vorgehen 

Als Grundlage für die Untersuchungen wurde ein Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden gewählt. Zunächst wurde ein Leitfaden mit 78 Fragen erstellt, auf Basis dessen dann mehr als 180 Interviews durchgeführt wurden. Alle Interviews wurden anschließend transkribiert, kodiert und analysiert. Es gab zwei Interviewgruppen: Zunächst wurden MINT- Studierende an Hochschulen befragt, dann Mitarbeitende sowie Manage- rinnen und Manager in MINT-Betrieben. Aufgrund der Corona Pandemie mussten alle Interviews in Unternehmen per Telefon oder als Videokonferenz geführt werden. Um die Haltung zu Diversität in Betrieben vertiefender unter- suchen zu können, wurden die Interviewaussagen der Führungskräfte außerdem mit dem Webauftritt der jeweiligen Firma verglichen. 


Ergebnisse 

Die Ergebnisse zeigen, dass Migrationserfahrung die kulturelle Identität weit über die erste Generation hinaus prägt und unterschiedliche Lebensbereiche beeinflusst. Besaßen Studierende keine Migrationserfahrung, zeigten sie signifikant weniger Angst vor Stereotypisierung als internationale Studierende. Zudem erlebten MINT-Studierende ohne Migrationserfahrung unsichtbare Gruppengrenzen zu 70 Prozent als durchlässig, internationale Studierende hingegen lediglich zu 48 Prozent. Nahmen MINT-Studierende eine Beschäftigung in Unternehmen auf, näherte

sich ihr kulturelles Eigenverständnis deutlich an. Das heißt, Studierende ohne Migrationserfahrung wurden sich ihrer kulturellen Diversität etwas starker bewusst, wohingegen Studierende mit Migrationserfahrung weniger Unterschiede zu ihrer sozialen Umgebung empfanden. Auch die Bedrohung durch Stereotypisierung reduzierte sich. Hinsichtlich der unsichtbaren Gruppengrenzen konnte eine deutlich positive Entwicklung beobachtet werden: Die Durchlässigkeit erreichte bei Beschäftigten mit Migrationserfahrung mit 77 Prozent einen höheren Wert als bei Beschäftigten ohne Migrationserfahrung. Dort lag der Wert bei 71 Prozent. 


Der letzte Teil der Studie widmete sich der Haltung zu Diversität in Betrieben. Viele Großunternehmen legen großen Wert auf Diversität und zeigen dies auch über ihren Webauftritt, wodurch dieser für Menschen mit Migrationsgeschichte attraktiver wirkt. Die kleinen und mittleren Unternehmen hingegen versäumen oft, ihre positive Haltung zu Diversität nach außen sichtbar zu machen. 


Politische Relevanz 


Der Fachkräftemangel in der MINT-Branche ist eine wichtige Herausforderung und es wurden bereits zahlreiche (politische) Maßnahmen ergriffen, um mehr Menschen zu einer Beschäftigung im MINT- Bereich zu motivieren. Um an Hochschulen und in Betrieben gezielt Potenziale – vor allem bei Personen mit Migrationsgeschichte – zu fördern und für MINT- Absolventinnen und -Absolventen den Einstieg ins Berufsleben zu erleichtern, hilft es, das Bewusstsein für die positive Bedeutung von kultureller Diversität und ihrer sozioökonomischen Synergieeffekte zu scharfen und die Fähigkeiten im Umgang mit kultureller Diversität zu verbessern. Die Ergebnisse des Projekts können in diesem Sinne zur Identifikation von geeigneten Maßnahmen zur Berücksichtigung von kultureller Diversität oder zur Beratung genutzt werden. 


Gesellschaftlicher Nutzen 


Die Ergebnisse des Projekts helfen, den Übergang zwischen Studium und Arbeitsmarkt für die MINT- Absolventinnen und -Absolventen zu gestalten, die Misserfolgsquote zu reduzieren und die Zahl der potenziellen Bewerberinnen und Bewerber in Betrieben zu erhöhen. Hier hat die Steigerung der Performanz einen direkten wirtschaftlichen Nutzen. Die Einbeziehung der Hochschulen und Unternehmen in den Forschungsprozess, die Feedback-Workshops und die Ergebnispräsentation regen zur internen Auseinandersetzung mit der Thematik an. Dies führt zur Verbesserung der Verfahren und Auswahlinstrumente sowie zu einer besseren Nutzung der Diversitätsaspekte. Die gewonnenen Erkenntnisse können auch an weiteren Hochschulen und in weiteren Unternehmen in die Praxis umgesetzt werden und damit eine größere Breitenwirkung entfalten.